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Iasi würdigt Benjamin Fondane Avantgardist und Existenzialist (Neue Burcher Beitung )

21/7/14

Eric Freedman nous signale cet article publié dans le: Neue Burcher Beitung du 10 juin 2014

"Iasi würdigt Benjamin Fondane Avantgardist und Existenzialist":

 

m Gegensatz zu seinen Landsleuten Eugène Ionesco und Emile Cioran, die als Immigranten in Frankreich zu Ruhm kamen, ist es um den rumänischen modernistischen Dichter und Philosophen Benjamin Fondane (1898–1944) still geblieben. Erst kürzlich hat ihm seine Heimatstadt Iasi die Ehre erwiesen.

An Ehrungen grosser Namen durch Denkmäler ist die ostrumänische Kulturmetropole Iasi nicht arm. Fährt man mit dem Tram den von idyllischen Häusern mit Gärten und von der Universität belegten Hügel Copou hinan, so gelangt man zu einem Park, der durch seine Bezüge zu dem «Nationaldichter» Mihai Eminescu in ganz Rumänien bekannt ist. Hier stehen Klassiker der Kultur in Stein gehauen, nun soll nach dem Willen des Vizepräfekten auch der 2010 verstorbene frühere Ceausescu-Laudator Adrian Paunescu eine Büste erhalten. Die Reaktionen sind heftig: Nicht nur stammte Paunescu aus dem südlichen Craiova und habe wenig mit Iasi zu tun gehabt. Seine Vergangenheit als poetischer Lobhudler des Diktatorenpaars hat ihn zudem für viele völlig diskreditiert. Ähnlich vehemente Diskussionen kannte Iasi vor Jahren, als es um den fragwürdigen ästhetischen Wert eines Denkmals im Stil der kommunistischen Vergangenheit für einen Fürsten aus dem 16. Jahrhundert ging.

In der jüngsten Debatte tauchen die Namen preiswürdigerer Iasier Künstler auf. Unter ihnen auch Benjamin Fundoianu. Der Name des wohl grössten Schriftstellersohns der Stadt lebte bisher nur in einem nach ihm benannten Saal des Institut Français fort. Immerhin wurde letztes Jahr Benjamin Wechsler, der sich als Schriftsteller Fundoianu und später in Frankreich Fondane nannte, vom Rotary Club der Stadt eine Plakette gewidmet. Sie ist etwas entfernt von dem Standort des eigentlichen Wohnhauses angebracht worden, das in den achtziger Jahren der Betonfurie des kommunistischen Regimes zum Opfer fiel. So steht die metallene Plakette in einer Grünanlage an der kleinen Strasse Grigore Ghica Voda zwischen den Glas- und Stahlhochhäusern des Hotels Europa und der privaten Petre-Andrei-Universität. Vis-à-vis steht eine Büste jenes moldauischen Fürsten Ghica, der in diesem damals türkischen Viertel in einem «beilic» (Gasthaus für Fremde) wegen seiner Opposition gegen die Annexion der Bukowina durch die Habsburger 1775 ermordet wurde. Hier befand sich noch in der Zwischenkriegszeit der Rand des alten jüdischen Viertels Tirgu Cucului, von dem nur noch die älteste Synagoge der Moldau und einige wenige Gebäude sich erhalten haben.

Art «Wunderkind»

Eine Näher an der alten Synagoge und dem Zentrum der jüdischen Gemeinde wurde im vergangenen September auch ein Teil der Pantelimon-Strasse zur «strada Benjamin Fondane». Auf Betreiben der jüdischen Gemeinde und ihres Vorsitzenden, Abraham Ghiltman, hatten sich der Bürgermeister und der Stadtrat für die Umbenennung ausgesprochen. Andrei Corbea-Hoisie, Germanistik-Professor und Leiter des Universitätsverlages, stellte Fundoianu bei der Einweihung vor, aus Bukarest war eigens der Präsident der Jüdischen Föderation in Rumänien, der Parlamentsabgeordnete Aurel Vainer, angereist.

Als Wechsler 1898 geboren wurde, lebte über die Moldau hinaus noch der Ruf des Gelehrten Benjamin Schwarzfeld, des Grossvaters, dessen reichhaltige Bibliothek den jungen Benjamin zur Lektüre anhielt. Benjamin sollte diese gelehrte Familientradition bereits als eine Art «Wunderkind» fortsetzen: Mit vierzehn Jahren veröffentlichte er Gedichte in der lokalen Zeitschrift «Valuri» (Wellen). Als Rumänien 1916 in den Ersten Weltkrieg aufseiten der Entente eintrat, die deutschen Truppen Bukarest besetzten und der Königshof Iasi zur provisorischen Hauptstadt erhob, schrieb Fundoianu bereits in der reichen Zeitschriftenszene der rumänischen Moldau.

Der spätere Avantgardist und existenzialistische Philosoph beschäftigte sich mit Übersetzungen französischer, deutscher und jiddischer Literatur und äusserte sich zu spezifisch jüdischen Debatten über Sprache, Religion und Nationalität. Sein Schwager Avram Steuerman-Rodion liess ihn in der von diesem geleiteten Zeitschrift «Versuri si prosa» (Verse und Prosa) schreiben, der Zionist A. L. Zissu in der hauptstädtischen «Mantuirea» (Gedächtnis), der jiddische Dichter Iacob Groper eröffnete ihm die Welt der jüdischen Volkssprache. Vor dem Hintergrund der postrevolutionären Auseinandersetzungen in der Ukraine interviewte Fundoianu 1919 den Juristen Arnold Margoline, seinerzeit stellvertretender Aussenminister des nach der Oktoberrevolution kurzzeitig entstandenen ukrainischen Staates, auf seiner Durchreise nach Konstantinopel. Seine literarische Überaktivität verhinderte Fundoianus Schulabschluss, den er erst in Bukarest nachholte, wohin er 1920 wechselte, um Jura zu studieren – sich aber viel mehr mit der Literatur und dem Theater beschäftigt. Der von Iasi ausgehende und auf die Kapitale übergreifende militante Antisemitismus vertrieb ihn 1923 nach Frankreich. 1944 wurde Fondane mit seiner Schwester Lina in Auschwitz ermordet.

Der Skandal um Blechers Wohnhaus

Dieses grössten Iasier Autors zu gedenken, hebt Iasi heute positiv ab von den Vorgängen im moldauischen Städtchen Roman, wo noch im vergangenen Sommer das Wohnhaus des Schriftstellers M. Blecher vom Besitzer abgerissen wurde – obwohl der den Abriss genehmigenden Stadtverwaltung bekannt war, um welch einzigartiges Gebäude aus der Zwischenkriegszeit es sich handelte. Auch das Haus der Mutter einer Künstler-Ikone der Moldau, des Komponisten und Dirigenten George Enescu, im kleinen Dorf Mihaileni bei Dorohoi unweit der ukrainischen Grenze ist dem Verfall preisgegeben. Im Falle Enescus, von dem es noch eine Reihe weiterer «case memoriale» gibt, hat eine von der jungen Pianistin Raluca Stirbat angestossene Kampagne immerhin erreicht, dass das Haus in Mihaileni nun den Rang eines «monument istoric» der Klasse B erhielt. Während im Falle Enescu eine internationale Diskussion über den Umgang mit dem nationalen Patrimonium geführt wird, das rumänische Politiker so gerne im Munde führen, erstaunt immer mehr das Schweigen auch der Intellektuellen über die Zerstörung des Hauses von M. Blecher. Vielleicht lassen die Ehrungen Fondanes in Iasi neue Debatten über das kulturelle Erbe der Moldau und seine Bewahrung aufleben.

 
 

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